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wächst doch tatsächlich, wie unlängst in der Heimatzeitung
berichtet in unserem Gottesacker ein Hanfstingl. Vielleicht ist dies
ein Fingerzeig für die Geisenfelder, sich mal an die eigene Identität
zu erinnern - denn die hat viel mit dem heute so verteufelten Hanf zu
tun.
er moderne Mensch
unserer Zeit weiß zwar, dass aus Hanf Haschisch oder Mariuana
gewonnen wird, aber welchem Geisenfelder ist heute noch bewusst, dass
vor 200 Jahren, als der Hopfen noch kein Handelsgut war, der Flachs-
und Hanfanbau der wichtigste Wirtschaftszweig in unserer Gegend war?
er Hanf wurde
in unserer Mundart "Hor" genannt. Der Hor wurde nicht abgemäht,
sondern ausgerissen, um eine möglichst lange Faser zu gewinnen.
Der schöne Hausname "Horreißer" in Zell kündet
noch von dieser Zeit. Der Horreißer war also kein Raufbold, der
anderen Menschen die Haare ausriss, im Gegenteil, die "Horreißer-Christa"wurde,
auch wegen ihrer schönen Haare 1989 sogar zur Hallertauer Hopfenkönigin
gewählt.
erauft wurde
früher bei Dulten, Jahrmärkten oder Festen, freilich auch
- oft deshalb, weil sich die Burschen die kollektiven Spitznamen nicht
gefallen lassen wollten. Da gab es zum Beispiel die "Vohbuger Kienstöck",
die Köschinger Mantelflicker" oder die "Pförringer
Leberwürscht". Und unsere Altvorderen? Die waren weit und
breit als "Geisenfelder Hanfstengel" bekannt.
ber wer von den
jungen Leuten weiß heute überhapt noch was "a Kea"
(Kien) oder gar "a Röß" ist? Im Gemeinderecht in
Holzleiten umfassten neben den Hutrechten - gemeint waren damit keine
Kopfbedeckungen, sondern das Hüten von Viechern - auch das Recht
der Anwesenbesitzer, den Hanf in der Holzleitner Röß zu wässern
um die Stengelhülle zu sprengen, die später als "Gänswoad"
genutz wurde. Rößen oder Rötz'n waren mehr oder weniger
große Wasserlachen, wie wir sie noch heute linksseitig an der
Parleitner Straße zwischen Geisenfeld und dem Gut Scheuerhof finden.
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Die Holzleitner, Parleitner und Eichelberger Hanfbauern
produzierten einst eine hervorragende Handelsware, die bis nach Schwaben
und Franken verschickt wurde.
ie Hanfbauern
des Ilmtales wurden als "Hanfpumpser" derbleckt. Dieser Ausdruck
hat aber nichts mit der heute üblichen "beischläfrigen"
Bedeutung zu tun. Schon Schmeller schrieb in seinem Bayrischen Wörterbuch
"O'pumpst, Herr Pfarra, das ist nicht dem so, wie sie meinen."
Neben den Fasern wurden auch die ölhaltigen Körner des Hanfes
und des Flachses verwendet, in den Mühlen an der Ilm ausgepresst
und auf diese Weise Leinöl und Leinkuchen produziert. Der monotone
Arbeitsrhytmus der Ölstampfer erzeugte jenes dumpfe Geräusch,
zu dem die Hopfenbauern "pumpsen" sagten; deshalb der Spitzname
"Hanfpumpser".
n den Wintermonaten
wurden die Flachsfasern versponnen. Dabei trafen sich abends Bäuerinnen
und Mägde abwechslungsweise in den verschiedenen Höfen. Man
saß auf der Ofenbank, ratschte und schäkerte. Natürlich
locken solche Ansammlungen ländlicher Grazie auch die Burschen
an.
icht alle Spinnerinnen
waren "Linnerne", und die Flaxen auf der Ofenbank blieben
manchmal nicht ohne Folgen. Manchmal erblickte nach neun Monaten ein
neuer Erdenbürger, eben ein "Bankert", das Licht der
Holledau - als bleibende Erinnerung an eine Nacht, in der man gesponnen
hat.
bwohl die Frauen
heute nicht mehr spinnen, ist der Schimpfname "Bangat" erhalten
geblieben. "Miserable Saubangatn" waren früher zum Beispiel
Rotzbuben, die ausgerissene, langstielige Sonnenblumen als Malerbürsten
benutzten, indem sie dieselben in die Odelgrube tauchten und frisch
gekalkte Hauswände nachträglich braun anmalten.
egen der geringen
Geburtenzahl sorgen sich heute viele Menschen um ihre Rente. Das kommt
daher, weil die modernen Frauen statt Spinnräder Pillen drehen
und es deshalb zu wenig Bangatn gibt.
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